Hohelied Idylle 5

Autor: Briggeler Reinhard (Basierend auf dem Kommentar "Das Hohelied" von Arnold G. Fruchtenbaum)
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Fünfte Idylle: Rückkehr nach Galiläa

Die fünfte Idylle befasst sich mit sexueller Harmonie in Bezug auf sexuellen Techniken. Auf Sulamiths Wunsch hin erfolgt ein Besuch der beiden Liebenden in Sulamiths Heimat. Es wird dort sein, wo das Hohelied seinen Abschluss finden wird. Dies letzte Idylle umfasst die letzten vier Reflexionen, die alle im Frühling handeln.

10. Reflexion | 6,10-7,11 | Der Tanz von Machanaim

In dieser Reflexion ist Sulamith zu den königlichen Nussgärten hinuntergegangen, um über die Pflanzen nachzudenken, die gerade aufblühen. Als sie in den Palast zurückkehrt, begegnet sie den Töchtern Jerusalems.

10 Wer ist sie, die da hervorglänzt wie die Morgenröte, schön wie der Mond, rein wie die Sonne, furchtbar wie Kriegsscharen?

Sulamiths Erscheinung wird mit der Morgenröte verglichen, sowie mit Mond und Sonne. Das für den Mond gewählte hebräische Wort betont die weisse Farbe des Mondes, während das Wort für die Sonne deren Wärme betont. Genauso wie Salomo, vergleichen die Töchter Jerusalems Sulamiths Schönheit mit einer Armee, die gerade siegesgewiss in die Schlacht zieht. Sulamith erscheint als die Morgenröte, die die Dunkelheit der Nacht durchbricht, schön wie der silbrig weisse Mond, rein wie die warme Sonne.

11 In den Nussgarten ging ich hinab, um die jungen Triebe des Tales zu besehen, um zu sehen, ob der Weinstock gesprosst hätte, ob die Granatbäume blühten.

Sulamith antwortet, dass sie an diesem Frühlingsmorgen hinabgegangen ist, um das zu besehen, was sie am meisten an Zuhause erinnerte. Sie ging hinunter, um den Zustand der Vegetation im Walnussgarten zu begutachten.

12 Unbewusst setzte mich meine Seele auf den Prachtwagen meines willigen Volkes.

Hier geht es darum, dass sie sich die neue Kultur des Stadtlebens bzw. des Lebens im königlichen Palast noch nicht vollständig angeeignet hat, weil sie so schnell und so plötzlich von einem ländlichen Bauernmädchen aufgestiegen ist, um die Ehefrau des Königs zu sein. Folglich ging sie zu dem Ort, der sie am meisten an die Heimat erinnerte – zu den königlichen Gärten.

1a Kehre um, kehre um, Sulamith; kehre um, kehre um, dass wir dich anschauen! – Was wollt ihr an der Sulamith schauen? –

Sulamith hat ihren Rückweg zum Palast fortgesetzt, als die Töchter Jerusalems nach ihr verlangten, damit sie ihre Lust daran haben sie anzuschauen. Zum ersten Mal in diesem Buch wird Sulamith mit Namen angesprochen. Der Name ist nicht so sehr ein Eigenname als vielmehr eine Herkunftsbezeichnung, die auf Sulamiths Geburtsort hinweist (Schunem). Das war eine Stadt des Stammes Issaschar (Jos 19,17-18) und lag am Fusse des Hügels More, der auch als "Kleiner Hermon" bekannt war. Nicht nur Sulamith kam von dort, sondern auch Abischag aus 1Kö 1,3-4 und die Schunemiterin, Elisas Gastgeberin, lebte auch dort (2Kö 4,8-11).

1b Wie den Reigen von Machanaim.

Hier geht es um einen erotischen Tanz. Die Töchter Jerusalems rufen Sulamith zurück, denn sie möchten, dass sie einen erotischen Tanz aufführt. Hier gilt anzufügen, dass der Chor (Töchter Jerusalems) keine realen Akteure im Hohelied darstellen. Der erfundene Chor wird eingefügt, um eine Situation zu erklären, um eine Warnung auszusprechen oder um einen Dialog zu ermöglichen oder, wie es hier der Fall ist, für das Folgende den Weg zu bereiten. Der Wunsch der Töchter Jerusalems, dass Sulamith kommt und einen erotischen Tanz aufführt, ist in Wirklichkeit der Wunsch Salomos.

2 Wie schön sind deine Tritte in den Schuhen, Fürstentochter! Die Biegungen deiner Hüften sind wie ein Halsgeschmeide, ein Werk von Künstlerhand.

Als Sulamith vor ihm tanzt, fängt Salomo an die Schönheiten seiner Frau einzeln aufzuzählen. Das hebräische Wort für "Schritte" bezeichnet Schritt und Fuss und beschreibt, wie sie mit ihren Füssen vor und zurücktanzt. Ihre "Hüfte" werden als kostbares Halsgeschmeide beschrieben, ein "Kunstwerk" in den Augen Salomons.

3 Dein Nabel ist eine runde Schale, in der der Mischwein nicht mangelt; dein Leib ist ein Weizenhaufen, umzäunt mit Lilien.

Salomo vergleich ihren Bauchnabel mit einer runden Schale, die man verwendet zum Mischen guter Weine. Der Bauch wird als "Weizenhaufen" bezeichnet, ein Hinweis auf ihre Hautfarbe, eine Mischung aus Weizengelb und Lilienweiss.

4 Deine beiden Brüste sind wie ein Zwillingspaar junger Gazellen.

Er vergleicht ihre Brüste gleich wie in 4,5, nämlich mit einem Zwillingspaar junger Gazellen, die auf einem Lilienfeld weiden.

5 Dein Hals ist wie ein Turm aus Elfenbein; deine Augen wie die Teiche zu Hesbon am Tor der volkreichen Stadt; deine Nase wie der Libanon-Turm, der nach Damaskus hinschaut.

Ihr Hals ist in seinen Augen wie Elfenbeinturm, ihre Augen sind wie Teiche und ihre Nase "wie der Libanon-Turm".

6 Dein Haupt auf dir ist wie der Karmel, und das herabwallende Haar deines Hauptes wie Purpur: Ein König ist gefesselt durch deine Locken!

Abschliessend beschreibt Salomo ihren Kopf und das "herabwallende Haar". Das Wort "Purpur" beschreibt ihr Haupt und ihr Haar als majestätisch. Salomo ist völlig fasziniert von ihr und sieht sich selbst als Gefangener in ihren Haarlocken.

7 Wie schön bist du, und wie lieblich bist du, o Liebe, unter den Wonnen!
8 Dieser dein Wuchs gleicht der Palme, und deine Brüste den Trauben.

Damit endet der Tanz und das Liebespiel beginnt. Salomo betrachtet Sulamith von oben bis unten und zieht einen Vergleich zwischen ihr und einer Palme. Das hebr. Wort für "Palme" bezeichnet eine weibliche Blume aus der sich grosse Trauben mit saftigen, süssen Früchten entwickeln. Sulamiths Brüste werden mit diesen reifen Trauben verglichen, die entweder dunkelbraun oder goldgelb sind und auf den Spitzen der Zweige einer Palme wachsen.

9 Ich sprach: Ich will die Palme ersteigen, will ihre Zweige erfassen; und deine Brüste sollen mir sein wie Trauben des Weinstocks, und der Duft deiner Nase wie Äpfel,

Salomo will nun die Palme erklimmen, und ihre Schönheit geniessen. Damit wird bildlich beschrieben, dass die beiden Liebenden sich nun sexuell vereinen.

10 und dein Gaumen wie der beste Wein – der meinem Geliebten sanft hinuntergleitet, der über die Lippen der Schlummernden schleicht.

Ihre Liebe ist wie ein guter Wein, dessen Geschmack auch nach dem Trinken anhält.

11 Ich bin meines Geliebten, und nach mir ist sein Verlangen.

Nach dem Liebesspiel wünscht sich Sulamith allein Salomo zu gehören, genauso wie Salomo nur Verlangen nach ihr hat.

11. Reflexion | 7,12-8,4 | Sulamiths Wunsch, ihr Zuhause zu besuchen

Sulamith sehnt sich nach ihrer Heimat im Norden Israels. Sie bittet Salomo aus zwei Gründen sie dorthin zu begleiten: Erstens, um den Liebesbund an dem Ort zu erneuern, wo ihre Brautwerbung begann, und zweitens, um dort Intimverkehr zu haben, wo es damals nicht möglich war, da sie ja noch nicht verheiratet waren.

12 Komm, mein Geliebter, lass uns aufs Feld hinausgehen, in den Dörfern übernachten.

Sulamith drückt ihr Verlangen aus, ihre Heimat zu besuchen. Die Dörfer beziehen sich auf die Städte, in denen sie auf ihrem Weg nach Galiläa übernachten werden.

13 Wir wollen uns früh aufmachen zu den Weinbergen, wollen sehen, ob der Weinstock gesprosst, die Weinblüte sich geöffnet hat, ob die Granatbäume blühen; dort will ich dir meine Liebe (dod) geben.

Sie äussert den Wunsch das Land zu sehen, wo ihre Liebe begann, und verspricht dort ihm "meine Liebe" (dod - sexuelle Liebe im Plural) zu geben. Sie möchte mit Salomo mehrmals auf dem Lande (draussen) Intimverkehr haben, denn dies war weder während der Brautwerbung möglich, noch jetzt in der Stadt Jerusalem.

14 Die Dudaim duften, und über unseren Türen sind allerlei edle Früchte, neue und alte, die ich, mein Geliebter, dir aufbewahrt habe.

Sulamith ermutigt Salomo mit dem Hinweis, dass die "Dudaim" blühen und duften. Diese gelten als "Liebesblumen" oder "Liebesäpfel". Sie sind ähnlich gross wie Muskatnüsse und verströmen einen starken, angenehmen Duft. Ihre Früchte und Wurzeln sind als Aphrodisiakum bekannt, um sexuelle Leidenschaft anzuregen (Vgl. Gen 30,14-16).

1 O wärest du mir wie ein Bruder, der die Brüste meiner Mutter gesogen hat! Fände ich dich draußen, ich wollte dich küssen; und man würde mich nicht verachten.

Sulamiths Wunsch ist es, dass sie und Salomo einander so nahe stehen könnten wie Bruder und Schwester, jedoch nicht in wörtlichem Sinne. Sie strebt danach, dass Salomo ihr wie ein Bruder nahe ist, sodass sie ihre Liebe zueinander frei ausdrücken können, ohne sich um das öffentliche Ansehen sorgen zu müssen oder Verachtung zu erfahren.

2 Ich würde dich führen, dich hineinbringen in das Haus meiner Mutter, du würdest mich belehren; ich würde dich tränken mit Würzwein, mit dem Most meiner Granatäpfel.

Sulamith fährt fort und beschreibt, wie sie Salomo in ihr Heim einladen würde, um ihn als ihren ständigen Lehrer zu gewinnen. Sie sehnt sich danach an seiner Weisheit teilzuhaben und ist sich bewusst, dass ihr noch vieles fehlt, um für ihn die bestmögliche Partnerin zu sein. Obwohl Salomo ihr schon oft gesagt hatte mit ihr völlig zufrieden zu sein, strebt sie danach ihm eine noch bessere Ehefrau zu werden.

3 Seine Linke sei unter meinem Haupt, und seine Rechte umfasse mich.

Sie sehnt sich nach einer innigen und intimen Umarmung mit Ihrem Ehemann.

4 Ich beschwöre euch, Töchter Jerusalems, dass ihr weder weckt noch stört die Liebe, bis es ihr gefällt!

Zum dritten Mal im Hohelied warnt Sulamith davor sexuelle Leidenschaft zu wecken, bevor sie erfüllt werden kann. In 2,7 spricht sie dies im Kontext der Hochzeit an: Sexuelle Leidenschaft sollte nicht entfacht werden, bevor sie nicht befriedigt werden kann, um Frustration zu vermeiden. In 3,5 wird dieser Rat im Rahmen der Brautwerbung gegeben, indem betont wird, dass das Wecken sexueller Leidenschaft zur Unzucht führen könnte. In 8,4 wird der Fokus auf den richtigen Ort gelegt: Sexuelle Leidenschaft sollte nicht an einem Ort entfacht werden, an dem sie nicht befriedigt werden kann.

12. Reflexion | 8,5-7 | Erneuerung des Liebesbundes

Diese Reflexion beschreibt die Reise in den Norden Israels, der Heimat Sulamiths und die Erneuerung ihres Liebesbundes bei ihrer Ankunft. In diesen Versen finden wir, zusammen mit dem "Liebeskapitel" im 1Kor 13, die wohl eindrücklichste Beschreibung von der gottgewirkten und bedingungslosen Agape-Liebe. Gott allein ist Quelle dieser Liebe und wird durch den Sohn Jesus Christus all denen zuteil, die danach dürsten und sich Ihm nahen. In diesem Sinne müssen die Anmerkungen zu den Versen 5-7 weit über die menschliche Liebe zwischen Salomo und Sulamith hinausgehen.

5a Wer ist sie, die da heraufkommt von der Wüste her, sich auf ihren Geliebten stützt?

Diese Reflexion beginnt mit den gleichen Worten wie in 3,6 und 6,10 und bezieht sich jeweils auf Sulamith. Am Ende der langen Reise ist Sulamith müde und sie lehnt sich an Salomo, um sich bei ihm auszuruhen.

5b Unter dem Apfelbaum habe ich dich geweckt. Dort hat mit dir Wehen gehabt deine Mutter, dort hat Wehen gehabt, die dich geboren hat.

Als sie endlich in der vertrauten Umgebung ankommen, erreichen sie den Apfelbaum, wo er sie einst schlafend fand und sie aufweckte. Dieser Apfelbaum ist Zeuge vom Beginn ihrer Liebe und somit begann die Liebe in der Nähe des Hauses, wo Sulamith geboren wurde.

6a Lege mich wie einen Siegelring an dein Herz, wie einen Siegelring an deinen Arm!

Das Siegel oder der Siegelring war das Zeichen der Macht (Vgl. Gen 41,42; 1Kö 21,8) und wurde an der rechten Hand getragen (Jer 22,24) oder auf dem Herzen an einer Schnur um den Hals (Gen 38,18). Er war ein Juwel, von grossem Wert und von dem man sich ein Leben lang nicht trennte (Treue). Sulamith deutet damit an, dass sie Salomos teuerster und kostbarster Besitz sein will.

Die Liebe von Salomo zu Sulamith erinnert an die Liebe dessen, der grösser ist als Salomo (Mt 12,42; Lk 11,31). Christusgläubige dürfen wissen, dass sie wie ein Siegelring an Seinem Arm und an Seinem Herzen sind. Die Grundlage für diese Beziehung der Liebe wurde durch Sein vollkommenes Erlösungswerk am Kreuz gelegt.

6b Denn die Liebe ist gewaltsam wie der Tod,

Niemand kann sich gegen den Tod behaupten bzw. ihm entfliehen. Alle müssen sich ihm schliesslich unterwerfen. Die Art von Liebe, die Sulamith beschreibt, ist so gewaltsam wie der Tod. Sie ist so gross, dass sie jeden Widerstand brechen und jedes Hindernis überwinden kann. Die Liebe mobilisiert eine ungeheure Kraft, wenn es darum geht, andere glücklich zu machen. Der Liebe kann nichts erfolgreich entgegengesetzt werden.

Diese Art Liebe (Agape) ist von Gott. Er allein ist die Quelle dieser Liebe. Vor ihm wird der Liebesbund erneuert (8,6). Nirgends sehen wir die Macht der Liebe so klar wie bei dem Herrn Jesus. Als viele mit Schwertern und Stöcken kamen, um den Retter-Gott Jesus Christus gefangen zu nehmen, begegneten sie nicht der Macht Gottes im Gericht, wie diejenigen, die den Propheten Elia gefangen setzen wollten (2Kö 1,9-12). Sie erlebten vielmehr eine göttliche Liebe, die sich vor die ängstlichen Jünger stellte: "Wenn ihr nun mich sucht, so lasst diese gehen!" (Joh 18,8). In Liebe war Christus bereit sich kreuzigen zu lassen und den bitteren Kelch des Vaters zu trinken. Am Kreuz begegnete die Liebe der Macht des Todes. Der Herr stieg aus Liebe in den Tod hinab und nahm ihm seinen Stachel und seinen Sieg (1Kor 15,55). Wie mächtig ist Seine Liebe, in der Er für Sünder am Kreuz gestorben ist! Ja, "grössere Liebe hat niemand!" (Joh 15,13)

6c hart wie der Scheol ihr Eifer;

Die Leidenschaft der Liebe ist hart wie der Scheol (Totenreich). Der Scheol erhebt unerbittlich Besitz-Anspruch auf die Toten. Somit ergreift die Liebe voll und ganz Besitz vom Objekt der Liebe, so wie der Scheol voll und ganz die Toten besitzt (Ps 49,13-15).

Tod und Totenreich werden einmal in ferner Zukunft von Gott in den Feuersee geworfen werden (Offb 20,14), doch im heute fordert das Totenreich seine Toten ein. Unersättlich und ohne Ansehen der Person führt der Scheol sein trauriges Werk aus. Er nimmt keine Rücksicht auf Alter, Pläne und sozialen Status. Seit Jahrtausenden fährt es eine reiche Ernte ein. Nie wird das Totenreich satt, niemals sagt es: "Genug" (Spr 30,15-16).

Auch die Liebe sagt nicht "genug", wenn sie sich im Dienst für andere engagiert. Unermüdlich ist die Liebe tätig. Sie kann nicht ruhig und untätig bleiben, wenn es um das Wohl der anderen geht.

Wie deutlich sieht man dies im Sohn Gottes! Er verzehrte sich in Seinem Eifer (Joh 2,13-17), verzichtete auf Mahlzeiten (Mk 3,20; 6,31) und Annehmlichkeiten und übernachtete draussen (Lk 21,37). Er schreckte nicht davor zurück den Weg nach Jerusalem hinaufzugehen, obwohl Er wusste, was dort geschehen würde. Sogar als der Schatten des Kreuzes immer deutlicher wurde, war Er für die Seinen da und wusch ihnen die Füsse (Joh 13). Kurz darauf trug Er sich selbst das Kreuz hinaus zur Schädelstätte, die auf Hebräisch Golgatha heisst, wo sie Ihn zwischen zwei Verbrechern kreuzigten (Joh 19,17-18). Der Eifer seiner Liebe ruhte nicht bis Er ausrufen konnte: "Es ist vollbracht" (V 30). Er liebte die Seinen, die in der Welt waren, "bis ans Ende" (Joh 13,1).

6d ihre Gluten sind Feuergluten, eine Flamme Jahs.

Diese Art Liebe ist ausserdem die "Flamme Jahs". Im Hebräischen ist das eine Flamme der heftigsten Art, eine Flamme von hell scheinenden und feurigen Blitzen. Die rechte Liebe (Agape) ist keine Flamme, die von Menschen angezündet werden kann, sondern von Gott allein (in der Wiedergeburt). Das ist die einzige Stelle im ganzen Buch, wo Gott erwähnt wird. Er ist die Quelle dieser Liebe, und vor Ihm wird der Liebesbund erneuert.

Ein grosses Feuer breitet sich unaufhaltsam in alle Richtungen aus. Niemand vermag die Feuerwalze aufzuhalten. Das Feuer spricht auch vom kommenden Gericht über alles Sichtbare und Unsichtbare. So soll der Christusgläubige im Licht des kommenden Gerichts gottesfürchtig und demütig leben.

7a Große Wasser vermögen nicht die Liebe auszulöschen, und Ströme überfluten sie nicht.

Auch "Grosse Wasser" vermögen diese Gottes-Liebe nicht auszulöschen! Der Herr selbst hat dies eindrücklich und einzigartig unter Beweis gestellt. Auch als sich am Kreuz die Fluten des göttlichen Gerichts in den drei Stunden der Finsternis über Jesus ergossen, blieb seine Liebe fest und unveränderlich. Nie leuchtete die „Flamme Jahs“ heller als in der Finsternis von Golgatha! Seine Liebe ertrug und erduldete alles (1Kor 13,7), was zum Heil für den Menschen nötig war.

7b Wenn ein Mann allen Reichtum seines Hauses für die Liebe geben wollte, man würde ihn nur verachten.

Im Kontext dieser Reflexion ist ausschliesslich die Liebe Gottes gemeint und nicht eine menschliche Liebe. Die Liebe Gottes ist nicht käuflich, sondern ist Gnadengeschenk allein! Diese Agape-Liebe hat ewigen bzw. unendlichen Wert. Wer denkt, dass Gottes Liebe mit Werken verdient oder mit materiellen Dingen erworben werden könnte, dieser Mensch unterliegt einem grossen Irrtum und wird nur verachtet werden.

Wer aber aus Liebe allen Reichtum für jemand anderes gibt, wird gewiss nicht verachtet, sondern geehrt werden. Und das ist das, was der Herr Jesus für die Seinen getan hat. Er wurde um ihretwillen arm, damit sie reich würden (2Kor 8,9). Er war der reiche Kaufmann, der alles verkaufte, was er hatte, um eine kostbare Perle, die Gemeinde, zu besitzen (Mt 13,45-46). Der Preis, den Jesus für die Gemeinde bezahlt hat, ist sein eigenes, göttliches Leben. Stellvertretend für den Sünder gab er Sein Leben hin (2Kor 5,21). ER erniedrigte sich selbst und wurde gehorsam bis zum Tod, ja, zum Tod am Kreuz. (Phil 2,8)

13. Reflexion | 8,8-14 | In Sulamiths Landhaus

In dieser dreizehnten und somit letzten Reflexion kommt das Paar in Sulamiths Zuhause an, wo sie mindestens zwei Brüder und eine kleine Schwester hat. Schon durch die wenigen Einblicke, die der Leser in Sulamiths Familie bekommt, wird deutlich, wie gottesfürchtig diese Familie gewesen war.

8 Wir haben eine Schwester, eine kleine, die noch keine Brüste hat; was sollen wir mit unserer Schwester tun an dem Tag, da man um sie werben wird?

Hier erfährt der Leser, dass Sulamith eine jüngere, noch nicht geschlechtsreife Schwester hat, denn sie "ist eine kleine, die noch keine Brüste hat,". Obwohl ihre Schwester geschlechtlich noch nicht entwickelt ist, drückt Sulamith gegenüber ihren Brüdern ihre Besorgnis aus, wie die Keuschheit ihrer kleinen Schwester bewahrt werden kann, wenn die Zeit kommt. Damit zeigt Sulamith, dass sie sich nicht nur für die geschlechtliche Entwicklung ihrer Schwester interessiert, sondern vor allem dafür, dass ihre Schwester rein und züchtig bleibt, "an dem Tag, da man um sie werben wird."

9 Wenn sie eine Mauer ist, so wollen wir eine Zinne aus Silber darauf bauen; und wenn sie eine Tür ist, so wollen wir sie mit einem Zedernbrett verschließen.

Sulamiths Brüder reagieren auf ihre Sorge um die jüngere Schwester. Im Altertum dienten die Brüder oft als die nächsten Beschützer und Ratgeber für die Schwester, und auf dem Gebiet der Ehe hatten sie oft den Vorrang vor Vater und Mutter (Vgl. Gen 24,50–60; 34,1-17). Die Brüder versichern Sulamith, dass sie die Keuschheit der jüngeren Schwester schützen werden. Sollte sie standhaft wie eine "Mauer" sein, d.h. unzugänglich für Verführung, wird sie mit Silber geehrt, als Anerkennung ihrer Reinheit. Falls sie jedoch empfänglich für Verführung ist, wie eine "Tür", die geöffnet werden kann, planen sie, sie sicher zu verschliessen ("mit einem Zedernbrett"), so dass sie vor unmoralischen Annäherungen geschützt ist. Dies beruhigt Sulamiths Sorgen um die Keuschheit und Reinheit der kleinen Schwester.

10 Ich bin eine Mauer, und meine Brüste sind wie Türme; da wurde ich in seinen Augen wie eine, die Frieden findet.

Die vorige Aussage ihrer Brüder bezüglich der Mauer erinnert Sulamith an das, was sie einst war. Sie erklärte, dass sie eine "Mauer" und damit unzugänglich für Verführung war. Ihre Brüste, im Unterschied zu denen ihrer Schwester, waren wie Türme, das heisst, voll entwickelt und bereit für eine Liebesbeziehung, aber nur mit dem zukünftigen Ehemann.  

Sulamith versteht nun, dass die strenge Behandlung durch ihre Brüder aus Sorge um ihre Keuschheit erfolgte, um sie rein für ihren zukünftigen Partner zu halten. Diese treue Bewachung durch die Brüder erscheint nun in einem anderen Licht und wirft die Frage auf, ob ihre Fürsorge nicht Belohnung verdient.

11 Salomo hatte einen Weinberg in Baal-Hamon; er übergab den Weinberg den Hütern: Jeder sollte für seine Frucht tausend Sekel Silber bringen.

Hier spricht Sulamith darüber, dass Salomo einen nahegelegenen Weinberg besitzt, den er für tausend Silberschekel verpachtet und den Hütern als Lohn zwanzig Prozent, also zweihundert Silberschekel, zahlt.

12 Mein eigener Weinberg ist vor mir; die tausend sind dein, Salomo, und zweihundert seien den Hütern seiner Frucht.

Sulamith vergleicht  sich selbst mit einem Weinberg. Ihre Brüder, die um Sulamiths Keuschheit besorgt waren, zwangen sie in den offenen Weinbergen zu arbeiten, wo unbemerkte Verführung unmöglich sein würde. Somit waren die Brüder in der Tat die wahren Beschützer des Weinbergs. Jetzt ist dieser Weinberg, also Sulamith, Salomo übergeben und gehört ihm. Ihre Brüder, als Bewahrer ihrer Tugend, verdienen eine Belohnung. Salomo hat sein Tausend erhalten, und zwar in Form von Sulamith selbst. Ihre Brüder verdienen ihre Zweihundert, genau wie die Hüter des Weinberges in Baal-Hamon. Dadurch trägt Sulamith mit ihrem neuen Reichtum zum Unterhalt ihrer Familie bei und sorgt dafür, dass sie gut versorgt sind. Der Kontext zeigt, dass Salomo auf diese Bitte wohlwollend reagierte.

13 Bewohnerin der Gärten, die Genossen horchen auf deine Stimme; lass sie mich hören!

Salomo ermutigt Sulamith, die Freunde aus ihrer Jugend zu erfreuen, indem sie ein Lied singt, wie in früheren Zeiten. Diese Freunde stammen aus der Zeit, als sie noch Hirtin war und sich um den Weinberg ihrer Familie kümmerte. Er spricht von ihr als jemandem, der in den Gärten lebt, was bedeutet, dass sie sich in ihrer aktuellen Umgebung vollkommen zuhause fühlt. Sie ist ein Mädchen vom Lande.

14 Enteile, mein Geliebter, und sei gleich einer Gazelle oder einem Jungen der Hirsche auf den duftenden Bergen!

Mit diesem Vers beginnt Sulamith ihr Lied und beendet mit diesem das Hohelied Salomos. Das hebräische Wort für "Enteile" enthält die Bedeutung von beeilen (Vgl. Hiob 9,25; 14,2). Hier bedeutet es, von allen anderen zu entfliehen, um allein zu sein. Dieser Vers erinnert an 2,17, aber dort war das Liebesverhältnis immer noch im Stadium der Brautwerbung und ungestörte Gemeinschaft war nicht möglich. Nun, da sie verheiratet sind, ist ihr Aufruf nach intimer Zweisamkeit keinen Beschränkungen mehr unterworfen. Somit gehen sie nach draussen, um das zu tun, was sie sich in den vorigen Reflexionen vorgenommen haben (7,12-13; 8,1), und sie entschwinden in die "duftenden Berge".

 

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