Micha - Einleitung
Autor
Micha war ein Prophet aus Moreschet, einem Dorf in Juda, das ca. 40 Kilometer südwestlich von Jerusalem lag (Vgl. Micha 1,1). Sein Name bedeutet "Wer ist wie der Herr?". Die Bibel liefert uns keine Informationen über seinen familiären Hintergrund oder seinen Beruf. Im Gegensatz zu anderen Propheten, wie z.B. bei Jesaja, Amos und Hesekiel, wird bei Micha kein Hinweis darauf gegeben, ob er einer priesterlichen oder königlichen Familie entstammte. Seine Herkunft aus Moreschet zeigt jedoch, dass er aus einem ländlichen und landwirtschaftlich geprägten Hintergrund kam.
Zeit der Abfassung
Micha wirkte in der Zeit der Könige Jotham, Ahas und Hiskia von Juda (758 - 698 v. Chr.) (Vgl. 1,1). Er war ein Zeitgenosse der Propheten Jesaja und Hosea. Die Abfassung seines Buches kann in folgendem Zeitrahmen eingeordnet werden:
1. Beginn seines Wirkens unter Jotham (758 - 743 v.Chr.)
Micha begann seinen prophetischen Dienst während der Regierungszeit von Jotham. Obwohl diese Zeit als die "silberne Zeit" Judas bezeichnet werden kann, war der Glaubensverfall allgegenwärtig.
2. Phase unter Ahas (ca. 742 - 727 v.Chr.)
Die Regierungszeit von Ahas war geprägt von einer noch nicht dagewesenen Zeit des Unglaubens, der Gottlosigkeit und des Götzendienstes (Vgl. 2Kön 16,3-4). In seinem Unglauben suchte er Schutz bei den Assyrern, was schlussendlich zum Fall Judas führen sollte. Etliche von Michas Gerichtsreden dürften in dieser Phase entstanden sein (Vgl. 1,2-7).
3. Hoffnung unter Hiskia (ca. 727 - 698 v.Chr.):
Unter Hiskia fand eine schon fast einzigartige geistliche Erneuerung statt (Vgl. 2Kön 18,1-6), und Micha hatte diese Phase miterlebt. Seine Prophetien im Hinblick auf den Messias und auf ein zukünftiges Friedensreich (Vgl. Micha 5,2-5) könnten in dieser Zeit der Hoffnung entstanden sein. Ein Hinweis darauf ist, dass Jeremias Buch erwähnt, dass Micha in der Zeit Hiskias bekannt war (Vgl. Jer 26,18-19).
Politischer und sozialer Hintergrund
Micha erlebte während seines ca. 60-jährigen Dienstes grosse politische und soziale Umbrüche. Er erlebte, wie das Nordreich (Israel) aufgrund seines Unglaubens zunehmend unter politischen Druck durch das assyrische Weltreich unter Tiglat-Pileser III. geriet. Das Nordreich (Samaria) fiel schliesslich 722 v.Chr. an die Assyrer (2Kön 17). Auch das Südreich Juda geriet vermehrt unter Druck durch Assyrien, eingeleitet durch König Ahas und dessen freche und götzendienerische Ablehnung von Gottes Verheissungen. Micha lebte in einer Zeit, in der die Kluft zwischen Arm und Reich wuchs, und die Verantwortung der Oberschicht gegenüber den Armen und weniger Privilegierten ignoriert wurde.
Schwerpunkte seiner Botschaft
Micha forderte alle Nationen dazu auf, Gottes Gericht über Sein auserwähltes Volk zu bezeugen. Wäre Israel Gottes Berufung treu geblieben, hätten alle Nationen lernen können, wie wunderbar es ist, unter der Herrschaft des HERRN zu leben. Aber Israel scheiterte in seiner Berufung. Daher machte Micha deutlich, dass diejenigen, die unter Gottes Herrschaft stehen, mit Gericht rechnen müssen, wenn sie nicht in ihrer von Gott verordneten Berufung leben. So wie ein Ordnungshüter, der selbst das Gesetz bricht, vor Gericht strenger behandelt wird als ein gewöhnlicher Bürger, so wird auch Juda von Gott strenger behandelt werden, weil es seiner hohen Berufung nicht genügte.
Während Jesaja Gottes Thronsaal im Himmel beschrieb, richtete Micha seinen Blick auf die menschlichen Herrscher und Könige. Er prangerte die Verderbtheit der Fürsten, Priester und Propheten seiner Zeit an. Micha verurteilte die gottlosen und räuberischen Obrigkeiten und kündigte Gericht an. Gleichermassen aber verkündete er einen zukünftigen, wahren Herrscher und König aus Bethlehem, dessen Ursprung von der Ewigkeit her ist (5,1). Dieser Herrscher wird in der Kraft des HERRN über alle Welt regieren, als Richter wahre Gerechtigkeit und Frieden bringen und als treuer Hirte die Herde des HERRN weiden (5,3-5a).
Alle Christusgläubigen im Zeitalter der Gemeinde sind ebenfalls aufgerufen, ihrer hohen Berufung gemäss im Gehorsam Gott und Seinem Wort gegenüber zu leben, in demütiger Erwartung Seines Kommens. So wie es Paulus im Titusbrief formulierte: "Denn die Gnade Gottes ist erschienen, Heil bringend für alle Menschen, 12 und unterweist uns, damit wir, die Gottlosigkeit und die weltlichen Begierden verleugnend, besonnen und gerecht und gottselig leben in dem jetzigen Zeitlauf, 13 indem wir erwarten die glückselige Hoffnung und Erscheinung der Herrlichkeit unseres großen Gottes und Heilandes Jesus Christus, 14 der sich selbst für uns gegeben hat, damit er uns von aller Gesetzlosigkeit loskaufte und sich selbst ein Eigentumsvolk reinigte, das eifrig sei in guten Werken." (Tit 2,11-14)
Gerichtssituation – Der HERR ist Richter
Ähnlich wie im Römerbrief, wo der HERR als Richter auftritt und sowohl über die Nationen als auch über die Juden das Urteil verkündet, nämlich dass alle Menschen schuldig vor Gott sind, finden wir diese Gerichtssituation auch im Michabuch. Die zentralen Passagen dafür finden sich in 1,2-5 und 6,1-8.
1. Der Richter: Gott selbst
Gott ist der Richter. Micha beschrieb, wie Gott aus Seinem "heiligen Palast" (Richterthron) (1,3) herabkam, um Sein Volk zu richten. Der Herr HERR (Adonai JHWH) war bereit, als Zeuge gegen Sein Volk aufzutreten.
2. Die Angeklagten: Israel und Juda
Die Hauptangeklagten waren die beiden Königreiche Israel (das Nordreich) und Juda (das Südreich). Beide werden für ihre Sünden zur Verantwortung gezogen, insbesondere für Götzendienst, soziale Ungerechtigkeit und Korruption. Micha nannte die Städte Samaria und Jerusalem explizit als Zentren der Sünde (1,5).
3. Die Zeugen: Himmel und Erde
Himmel und Erde wurden als Zeugen des göttlichen Gerichts aufgerufen. Gott forderte in 6,1-2 das Volk auf, vor den "Bergen" und "Grundfesten" ihren Fall zu vertreten, da diese als dauerhafte Zeugen der Schöpfung Gottes auch Zeugen der Menschheitsgeschichte sind.
4. Der Inhalt der Anklage
Die Anklage gegen das Volk und seine Führer war umfassend. Micha hob die Sünden hervor:
- Götzendienst und Untreue gegenüber Gott (1,5-7)
- Unterdrückung der Schwachen (2,8-9)
- Korruption und Ungerechtigkeit der Richter und Führer (3,9-11)
5. Das Urteil: Gericht über Sünde
Das Urteil des göttlichen Gerichts war vernichtend und deutlich. Israel und Juda werden für ihre Sünden zur Rechenschaft gezogen werden. Das drohende Gericht umfasste die Zerstörung Samarias und Jerusalems (1,6-7) sowie die Wegführung des Volkes (1,16). Es wurde jedoch auch immer wieder auf die Möglichkeit von Umkehr hingewiesen (6,8).
Struktur
Obwohl auch andere Strukturen des Michabuches möglich wären, folgt dieser Kommentar einer Spiegelstruktur. In dieser chiastischen Struktur zeigt sich die Einheit des Michabuches und offenbart die beiden prophetischen Schwerpunkte von Gericht und Gnade. Das Herz des Buches finden wir in den Kapiteln vier und fünf, nämlich die herrliche zukünftige Wiederherstellung ganz Israels durch den Messias Gottes. Dabei muss aber erwähnt werden, dass die letzten drei Verse des Michabuches zu den herausragendsten der alttestamentlichen Schriften gehören!
A Kommendes Gericht über Sein Volk (1)
B Verderbtheit des Volkes (2)
C Verderbtheit der Führer (3)
D Herrliche zukünftige Wiederherstellung (4-5)
C’ Verderbtheit Judas und Gericht Gottes (6)
B’ Verderbtheit des Volkes (7,1-6)
A’ Kommende Rettung für Sein Volk (7,7-20)
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