Micha Kapitel 6
C' Verderbtheit Judas und Gericht | 6,1-16
C'-1 Gottes Rechtsstreit mit Seinem Bundesvolk | 6,1-2
1 Hört doch, was der HERR sagt: Mach dich auf, rechte vor den Bergen und lass die Hügel deine Stimme hören! 2 Hört, ihr Berge, den Rechtsstreit des HERRN, und ihr Unwandelbaren, ihr Grundfesten der Erde! Denn der HERR hat einen Rechtsstreit mit seinem Volk, und mit Israel wird er rechten.
V 1-2 | Dieses Kapitel ist in Form eines Rechtsstreits gehalten und beginnt mit einer Anklagerede. Die "Berge" und die "Grundfesten der Erde" wurden dabei als Zeugen angerufen. Gott wollte, dass die Schöpfung selbst Zeuge des Rechtsstreits wird, weil sie sowohl die Sünden des Volkes als auch Gottes Treue miterlebt hat. Israel wurde aufgerufen, innezuhalten und sich bewusst zu machen, wie weit es von Gottes Wegen abgekommen war. Sein Volk sollte daran erinnert werden, dass der Heilige Israels nicht nur der Schöpfer ist, sondern auch der Richter, der sein Volk zur Verantwortung zieht.
C'-2 Gottes gerechte Taten | 6,3-5
3 „Mein Volk, was habe ich dir getan, und womit habe ich dich ermüdet? Lege Zeugnis gegen mich ab!
V 3 | Dann rechtete der HERR mit Seinem Volk, das er in Seinem Wohlwollen trotz seiner Gottlosigkeit noch immer liebte. Gott warf Seinem Volk nicht Ihre unzähligen Sünden vor, sondern in einem liebevollen Ton fragte ER Sein Volk: "was habe ich dir getan, und womit habe ich dich ermüdet?" Es ist, als ob der HERR sagte: "Was genau ist der Grund für deine Abkehr? Habe ich dir jemals Unrecht getan?" Der HERR war gewillt, Seinem Volk zuzuhören.
4 Denn ich habe dich aus dem Land Ägypten heraufgeführt und dich aus dem Haus der Knechtschaft erlöst; und ich habe Mose, Aaron und Mirjam vor dir hergesandt.
V 4 | Es folgte keine Antwort, so fuhr der HERR fort und erinnerte sie daran, mit welch grosser Rettung ER Israel mit Zeichen und Wundern aus Ägypten, dem Haus der Sklaverei, herausgeführt hatte. Er hatte ihnen Mose, Aaron und Mirjam als Führer gegeben.
5 Mein Volk, erinnere dich doch daran, was Balak, der König von Moab, beratschlagt, und was Bileam, der Sohn Beors, ihm geantwortet hat, daran, was von Sittim bis Gilgal geschehen ist; damit du die gerechten Taten des HERRN erkennst.“
V 5 | Er rief ihnen die Begebenheit mit Balak, dem König von Moab, ins Gedächtnis, der Israel verfluchen wollte, und mit Bileam, dem Sohn Beors, der diesem Vorhaben dienen sollte. Doch Bileam war gezwungen zu bekennen: "Wie soll ich verfluchen, den Gott nicht verflucht, und wie verwünschen, den der HERR nicht verwünscht hat?" (Num 23,8) Schliesslich erwähnte Gott den Weg von Sittim nach Gilgal. Sittim war der letzte Lagerplatz der Israeliten, bevor sie den Jordan überquerten, und Gilgal war ihr erster Lagerplatz nach der Überquerung (Jos 3,1; 4,18-19). Der Herr hatte sich stets als treu und voller Liebe gegenüber Seinem Volk erwiesen. Seine Wege mit allen Menschen sind gerecht, heilig und gut – ein Zeugnis Seiner unerschöpflichen Gnade.
C'-3 Antwort der Angeklagten | 6,6-7
6 „Womit soll ich vor den HERRN treten, mich beugen vor dem Gott der Höhe? Soll ich vor ihn treten mit Brandopfern, mit einjährigen Kälbern? 7 Wird der HERR Wohlgefallen haben an Tausenden von Widdern, an Zehntausenden von Strömen Öls? Soll ich meinen Erstgeborenen geben für meine Übertretung, die Frucht meines Leibes für die Sünde meiner Seele?“
V 6-7 | Stellvertretend für sein Volk, fragte sich der Prophet, welches angemessene Opfer er dem "Gott der Höhe" Angesichts der aufgezählten Gnadenerweise des HERRN darbringen solle. Wären "Brandopfer mit einjährigen Kälbern" geeignet (Vgl. Lev 9,2-3; 22,27)? Oder würde der "HERR Wohlgefallen" daran haben, wenn er Ihm tausende Widder und eine verschwenderische Menge Öl darbrächte, wie es Salomo und andere Könige getan hatten (Vgl. Lev 2,1-16; 1Kön 3,4; 8,63; 2Chr 30,24; 35,7)? Die Übertreibung – "Tausende von Widdern" oder "Zehntausende von Strömen Öls" – machten deutlich, dass die Vorstellung, Gott durch Quantität beeindrucken zu können, absurd ist. Weder die Qualität noch die Menge eines Opfers war das entscheidende Kriterium. Vielleicht würde der HERR das ultimative Opfer, das Darbringen seines "erstgeborenen" Sohnes zur Sühne seiner Sünden, annehmen. Natürlich glaubte Micha nicht, dass diese Opfer allein dem HERRN gefallen würden, sondern er führte sie als Beispiele für Anbetung an, von denen die Israeliten dachten, dass sie Gott zufriedenstellen könnten.
Im AT spielten Brandopfer eine zentrale Rolle im Gottesdienst, doch Gottes Anliegen ging weit über blosse äussere religiöse Handlungen hinaus. Der Verweis auf "einjährige Kälber", die als besonders wertvolle Opfer galten, zeigt, dass die Menschen bereit waren, grosse Opfer zu bringen. Dabei verkannten sie jedoch, dass Gott vor allem eine aufrichtige, lebendige Beziehung zu Seinem Volk sucht – keine automatisierten Abläufe oder äusserliche Handlungen, sondern eine echte innere Herzens-Hingabe an den einen wahren Gott Israels.
Der Prophet Samuel formulierte dieses zeitlose Prinzip so: "Und Samuel sprach: Hat der HERR Gefallen an Brandopfern und Schlachtopfern, wie daran, dass man der Stimme des HERRN gehorcht? Siehe, Gehorchen ist besser als Schlachtopfer, Aufmerken besser als das Fett der Widder." (1Sam 15,22)
Der Apostel Paulus legte dar, was die vernünftige Antwort des Christusgläubigen auf Gottes Gnadenerweise sein soll: "Ich ermahne euch nun, Brüder, durch die Erbarmungen Gottes, eure Leiber darzustellen als ein lebendiges, heiliges, Gott wohlgefälliges Schlachtopfer, was euer vernünftiger Gottesdienst ist." (Röm 12,1)
C'-4 Gottes Gebote sind nicht schwer | 6,8
8 Er hat dir kundgetan, o Mensch, was gut ist; und was fordert der HERR von dir, als Recht zu üben und Güte zu lieben und demütig zu wandeln mit deinem Gott?
V 8 | Nun aber legte der Prophet dar, was der HERR forderte, nämlich "Recht zu üben", "Güte zu lieben" und "demütig vor Gott zu wandeln". Wo hatte der HERR dies dem Menschen kundgetan? Im mosaischen Gesetz! Das Gesetz gab dem Gläubigen nicht die Kraft, es einzuhalten. Petrus nannte das Gesetz anlässlich des Apostelkonzils ein Joch: "Nun denn, was versucht ihr Gott, indem ihr ein Joch auf den Hals der Jünger legt, das weder unsere Väter noch wir zu tragen vermochten?" (Apg 15,10) Israel hatte diesen Forderungen des HERRN nie auch nur annähernd entsprochen. Es wird aber der Tag kommen, an dem der HERR ihnen in Seiner Gnade ein neues Herz geben, das steinerne Herz wegnehmen und sie mit Seinem Geist erfüllen wird (Hes 36; Jer 31,31-34).
So muss dieser dreifache Anforderungs-Katalog im Kontext des ganzen Michabuches gesehen werden. Der Prophet hatte durchgehend auf den ewigen Messias-Gottes verwiesen und somit immer klar gemacht, dass nur durch eben diesen Messias eine persönliche und versöhnte Beziehung zum Gott Israels möglich sein konnte. Um Gottes Forderungen, d.h. Gottes Gerechtigkeit, erfüllen zu können, muss ein Mensch göttliches Leben durch die Wiedergeburt erlangt haben (Vgl. Joh 3,5-8). Ein Unbekehrter ist völlig ausserstande, diese Art von Gottes Gerechtigkeit hervorzubringen.
Wie anders als das mosaische Gesetz ist das Evangelium des HERRN Jesus Christus, denn es ist Gottes Kraft zum Heil und zur Heiligung für jeden Christusgläubigen. Deshalb konnte der Apostel Johannes feierlich verkündigen: "Jeder, der glaubt, dass Jesus der Christus ist, ist aus Gott geboren; und jeder, der den liebt, der geboren hat, liebt auch den, der aus ihm geboren ist. 2 Hieran erkennen wir, dass wir die Kinder Gottes lieben, wenn wir Gott lieben und seine Gebote halten. 3 Denn dies ist die Liebe Gottes, dass wir seine Gebote halten, und seine Gebote sind nicht schwer. 4 Denn alles, was aus Gott geboren ist, überwindet die Welt; und dies ist der Sieg, der die Welt überwunden hat: unser Glaube." (1Joh 5,1-4)
C'-5 Konsequenzen des Versagens | 6,9-16
Wie ein Ankläger klagte der HERR Juda wegen seiner Sünden an und verkündete anschliessend Sein Urteil, wie ein Richter. Sie wurden angeklagt, dieselben Sünden begangen zu haben, die Amos in Samaria angeprangert hatte. Die Sünden, die zum Fall Samarias geführt hatten, werden auch Jerusalem zu Fall bringen.
D-5.1 | Die Sünden Judas | 6,9-12
9 Die Stimme des HERRN ruft der Stadt, und dein Name hat Weisheit im Auge: Hört auf die Rute und auf den, der sie bestellt hat!
V 9 | Der HERR rief die Stadt Jerusalem dazu auf, weise zu sein und den Gott Israels zu fürchten (Vgl. Spr 1,7). Sie sollten erkennen, dass eine "Rute" (Züchtigung) bevorstand und es Gott selbst war, der dies angeordnet hatte. Der Prophet machte hier deutlich, dass es nun höchste Zeit war, endlich die Zurechtweisung des HERRN in Demut anzunehmen.
10 Sind noch im Haus des Gottlosen Schätze der Gottlosigkeit und das knappe, verfluchte Epha? 11 „Sollte ich rein sein bei der Waage der Gottlosigkeit und bei einem Beutel mit betrügerischen Gewichtssteinen?“
V 10-11 | In diesen Versen gab der HERR die Gründe an, warum Gott die "Rute" (V 9) über sein Volk bringen wird. Sie haben den Bund, den Er ihnen gegeben hatte, gebrochen. Er bezeichnete ihre Wohnungen als "Haus der Gottlosigkeit". Sie waren aus dem Haus der Sklaverei (Ägypten) erlöst worden (V 4), nur um sich selbst ein Haus der Gottlosigkeit zu errichten. Gott wird die "Schätze der Gottlosigkeit" nicht übersehen und entsprechend richten. Die Geschäftsleute hatten sich unrechtmässigen Gewinn angehäuft, indem sie ein "knappes" (kleineres) Epha (Hohlmass, ca. 23L) verwendeten, das nicht der richtigen Menge an Produkten entsprach, die ein Käufer zu Recht hätte erwarten dürfen. Diese Praxis, den Käufer zu betrügen, bezeichnete Gott als "verflucht". Gott fragte nun rhetorisch, ob Er solches Verhalten ungestraft lassen kann. Die Antwort war selbstverständlich! Nein!
12 Ihre Reichen sind voll Gewalttat, und ihre Bewohner reden Lügen, und ihre Zunge ist Trug in ihrem Mund!
V 12 | Hier beschrieb der Prophet die moralische Verderbtheit der Gesellschaft. Die Reichen setzten ihre Macht ein, um andere zu unterdrücken und zu berauben. Gleichzeitig wurden auch die Bewohner angeklagt. Sie waren unehrlich, betrogen und handelten gegen die Wahrheit.
D-5.2 | Gottes Gericht | 6,13-16
13 So will auch ich dich unheilbar schlagen, dich verwüsten um deiner Sünden willen.
V 13 | Aufgrund ihrer Sünde wird der HERR Juda "unheilbar schlagen" und es "verwüsten". Diese Prophetie erfüllte sich durch Nebukadnezar und dessen Armee. Über Jahre hinweg wurde Juda durch die Babylonier "unheilbar geschlagen" und schliesslich im Jahr 586 v.Chr. völlig verwüstet.
14 Du wirst essen, aber nicht satt werden; und dein Inneres wird leer bleiben. Und du wirst fortschaffen und nicht retten; und was du rettest, werde ich dem Schwert hingeben. 15 Du wirst säen, aber nicht ernten; du wirst Oliven keltern, aber dich nicht mit Öl salben, und Most, aber keinen Wein trinken.
V 14-15 | Diese beiden Verse malen ein düsteres Bild von den Auswirkungen ihres sündigen Lebens. Sie werden zwar essen, doch niemals satt werden, alles, was sie zu retten versuchen, wird dennoch verloren gehen. Sie werden säen, aber die Ernte nicht geniessen können; Olivenbäume keltern, aber trotzdem kein Öl haben; Trauben lesen, aber keinen Wein trinken. Wie treffend hatte Jesaja über die im Ungehorsam lebenden Weggeführten Juden in Babylon prophezeit: "Kein Friede den Gottlosen" (Jes 48,22)! Ein Leben in Sünde bedeutet "innere Leere". Wahrer Friede und wahre Erfüllung kommen nur durch eine persönliche Beziehung zu Jesus Christus.
16 Und man beachtet eifrig die Satzungen Omris und alles Tun des Hauses Ahabs, und ihr wandelt in ihren Plänen, damit ich dich zum Entsetzen mache und ihre Bewohner zum Gezisch; und ihr werdet die Schmach meines Volkes tragen.
V 16 | In diesem Vers brachte der Prophet die Verderbtheit Judas auf den Punkt. "Omri" und "Ahab" waren Könige des Nordreichs Israel, bekannt für ihre Bosheit und ihren Götzendienst. Besonders König Ahab und seine Ehefrau Isebel, hatten einen entscheidenden Einfluss auf die Einführung und Förderung des Götzendienstes in Israel. Isebel verfolgte zudem die Propheten des Herrn und liess viele von ihnen töten.
Micha klagte nun Juda an, den bösen und götzendienerischen Wegen dieser Könige zu folgen und kündigte in der Folge das Gericht über Juda an. Der HERR wird Juda seiner Sünde wegen zum "Entsetzen machen", d.h. dass Juda völlig zerstört und erniedrigt werden wird und alle die es sehen werden, werden entsetzt sein. Zudem wird der HERR Juda "zum Gezisch" machen. Dies beschrieb die Reaktion der umliegenden Völker, die mit Hohn, Spott und Verachtung die Zerstörung Judas kommentieren werden. Juda wird also nicht nur völlig zerstört werden, sondern auch Gegenstand von Schande und Hohn werden.
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© Bibeltext: Elberfelder Übersetzung (Edition CSV Hückeswagen), © Christliche Schriftenverbreitung, Hückeswagen, alle Rechte vorbehalten, www.csv-bibel.de
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