Micha Kapitel 3
C Verderbtheit der Führer | 3,1-12
C-1 Anklage gegen die Obrigkeiten | 3,1-4
In diesem Abschnitt richtete Micha eine harte Anklage gegen die Führer Israels. Es handelte sich um die politische und geistliche Elite des Volkes, die, statt das Recht zu wahren und für Gerechtigkeit zu sorgen, ihre Macht missbrauchte, um die in der Gesellschaft weniger Privilegierten auszubeuten.
1 Und ich sprach: Hört doch, ihr Häupter Jakobs und ihr Fürsten des Hauses Israel: Ist es nicht an euch, das Recht zu kennen? – 2 die ihr das Gute hasst und das Böse liebt; die ihr ihnen die Haut abzieht und das Fleisch von ihren Gebeinen; 3 und die ihr das Fleisch meines Volkes fresst und ihre Haut von ihnen abstreift und ihre Gebeine zerbrecht und zerstückelt wie in einem Topf und wie Fleisch inmitten des Kessels.
V 1-3 | Micha begann mit einer rhetorischen Frage: "Ist es nicht an euch, das Recht zu kennen?" Die Führer Israels hatten eine besondere Verantwortung, weil sie das Gesetz Gottes kannten und die Aufgabe hatten, es in ihrer Rechtsprechung anzuwenden. Stattdessen taten sie genau das Gegenteil, in dem sie "das Gute hassten und das Böse liebten."
Micha benutzte eindrückliche, fast schockierende Bilder, um die Grausamkeit der Führer zu beschreiben. Er beschrieb sie als solche, die "ihnen die Haut abzieht und das Fleisch von ihren Gebeinen; die ihr das Fleisch meines Volkes fresst und ihre Haut von ihnen abstreift und ihre Gebeine zerbrecht und zerstückelt wie in einem Topf und wie Fleisch inmitten des Kessels." Dies beschreibt die extreme und äusserst bösartige Unterdrückung und Ausnutzung der einfachen Menschen. Die Führer, die eigentlich Hirten des Volkes hätten sein sollen, wurden hier als grausame Schlächter dargestellt, die nur an ihrem eigenen Vorteil interessiert waren.
4 Dann werden sie zu dem HERRN schreien, und er wird ihnen nicht antworten; und er wird sein Angesicht vor ihnen verbergen zu jener Zeit, ebenso wie sie ihre Handlungen böse gemacht haben.
V 4 | Dieser Vers beschreibt die Konsequenz für diese bösen Führer: Sie werden in ihrer Not zum HERRN schreien, aber er wird "sein Angesicht vor ihnen verbergen." Das Verbergen des Angesichts Gottes ist eine Redewendung, die den Verlust von Gottes Gegenwart, Gnade, Frieden und Segen beschreibt. Im Aaronitischen Segen (Num 6,24-26) wird das Angesicht Gottes über Seinem Volk als Ausdruck Seines reichen Wohlwollens, Segens und Friedens beschrieben. Das Gegenteil davon ist, wenn Gott sein Angesicht verbirgt – ein Zeichen des Gerichts und des Todes. Die Führer Israels werden dies sehr schmerzlich erfahren müssen.
C-2 Anklage gegen die Propheten | 3,5-8
5 So spricht der HERR über die Propheten, die mein Volk irreführen, die mit ihren Zähnen beißen und Frieden rufen; und wer ihnen nichts ins Maul gibt, gegen den heiligen sie einen Krieg:
V 5 | Der Prophet richtete sich mit scharfen Worten an die falschen Propheten. Wahre Propheten waren Sprachrohr Gottes und entsprechend Gott und Seinem Wort verpflichtet. Nicht aber diese! Sie hatten sich hurerisch an ihre Geldgeber verkauft. Inhalt ihrer Prophetien waren abhängig davon, "ob sie etwas zu beissen hatten", dann verkündigten sie Frieden und Wohlergehen. Wer aber "ihnen nichts ins Maul gibt", über den verkündigten sie Unheil und Krieg.
Es war schon zur Zeit Michas so, dass Propheten durch Ihren Dienst ihren Lebensunterhalt bestritten. Diese Praxis war legitim und wurde auch entsprechend im NT bestätigt. Jesus lehrte: ", denn der Arbeiter ist seines Lohnes Wert." (Lk 10,7b). Hier gilt anzumerken, dass im Verkündigungsdienst die Versuchung immer da ist, die Botschaft an die "zahlenden" Zuhörer anzupassen. Doch kaum etwas ist so erbärmlich, wie Verkündiger, die von sich behaupten, einen Ruf von Gott zu haben, aber ihre Predigten so anpassen, dass sie anderen gefallen. Nach dem Motto "bloss nicht anecken"! Oder "predige, was sie hören wollen!"
6 Darum soll es Nacht für euch werden, ohne Gesicht, und Finsternis für euch, ohne Wahrsagung. Und die Sonne wird über den Propheten untergehen und der Tag über ihnen schwarz werden.
V 6 | Durch das Gericht Gottes, wird es "Nacht für sie werden." Wegen ihres Verhaltens wird der HERR diesen Propheten weitere Offenbarungen vorenthalten. Dies deutet darauf hin, dass Gott diesen Propheten einst Botschaften gegeben hatte, die sie verkünden sollten. Doch sie wandten sich davon ab, Gottes Wahrheit zu predigen und begannen stattdessen, ihren eigenen Vorteil zu suchen, mit fatalen Folgen für sie selbst und noch schlimmer, für das Volk Gottes!
Vermutlich die grösste Gefahr für die Gemeinde des HERRN Jesus sind seit jeher die Verkündiger des Wortes Gottes, welche sich von der biblischen Wahrheit abgewandt haben, um sich selbst zu predigen. Den Verkündigern, die nicht bereit sind, sich in Gebet und Demut in die Tiefen des Wortes hineinzugraben, bleibt schlussendlich nichts anderes übrig als sich selbst, d.h. Menschenwort zu predigen.
7 Und die Seher werden beschämt und die Wahrsager zuschanden werden, und sie werden allesamt den Lippenbart verhüllen, weil keine Antwort Gottes da ist.
V 7 | Dieser Vers beschreibt die Schande, die sie erleiden werden. "Seher" und "Wahrsager" waren anerkannte Autoritäten und diese Ämter waren oft auch mit Ansehen verbunden. Doch nun wurde gesagt, dass sie "zuschanden werden" und den "Lippenbart verhüllen" werden, was Ausdruck tiefer Beschämung war. Der Herr wird sich ihnen nicht mehr offenbaren! Verheerend für Prophet und Volk!
8 Ich hingegen, ich bin mit Kraft erfüllt durch den Geist des HERRN und mit Recht und Stärke, um Jakob seine Übertretung kundzutun und Israel seine Sünde.
V 8 | Der Prophet stellte nun seinen eigenen Dienst dem der falschen Propheten gegenüber. Ein wahrer Diener des HERRN steht immer unter der Leitung des Geistes des HERRN, der ein Geist der Kraft, der Liebe und der Besonnenheit ist (2Tim 1,7). Die Stärke eines solchen Dieners liegt nicht in ihm selbst, sondern in der Kraft, die Gott ihm durch seinen Geist schenkt: "Nicht durch Macht und nicht durch Kraft, sondern durch meinen Geist, spricht der HERR der Heerscharen“ (Sach 4,6). Die Bibel ist voller Beispiele von Menschen, die nicht auf sich selbst vertrauten, sondern auf Gott und die Macht Seiner Stärke: Gideon, Barak, Micha, Jeremia, Daniel, Paulus und viele mehr! Sie alle durften erfahren, wie Gott sich gerade in ihrer Schwachheit als stark und mächtig erweisen konnte (Vgl. Hebr 11,34; 2Kor 12,10).
C-3 Anklage gegen die Eliten | 3,9-12
9 Hört doch dies, ihr Häupter des Hauses Jakob und ihr Fürsten des Hauses Israel, die ihr das Recht verabscheut und alles Gerade krümmt; 10 die ihr Zion mit Blut baut und Jerusalem mit Unrecht. 11 Seine Häupter richten für Geschenke und seine Priester lehren für Lohn, und seine Propheten wahrsagen für Geld; und sie stützen sich auf den HERRN und sagen: Ist nicht der HERR in unserer Mitte? Kein Unglück wird über uns kommen!
V 9-11 | Wiederum konfrontierte Micha furchtlos die politischen und religiösen Eliten Judas. Micha klagte sie an, weil sie Gerechtigkeit hassten und das Recht schamlos verdrehten. Er beschrieb, wie Jerusalem unter ihrer Führung zu einem Ort der Ungerechtigkeit geworden war, wo Bestechungsgelder, Korruption und Eigennutz das Handeln bestimmten. Die politischen Führer, die Priester und die Propheten nutzten ihre Positionen aus, um persönlichen Gewinn zu erzielen, während sie den Anschein erweckten, im Namen Gottes zu handeln. Trotz ihrer sündigen und frevelhaften Lebensweise, behaupteten sie, dass der HERR doch bei ihnen sei und daher keine Gefahr drohe.
12 Darum wird euretwegen Zion als Feld gepflügt werden, und Jerusalem wird zu Trümmerhaufen und der Berg des Hauses zu Waldeshöhen werden.
V 12 | Micha widersprach ihnen vehement und kündigte Gericht an. Er verkündigte eine völlig andere Zukunft für Juda und Jerusalem, als es die falschen Propheten taten. Gott wird Jerusalem wie ein "Feld pflügen" und seine Gebäude werden zu "Trümmerhaufen" werden (Vgl. 1,5-6). Selbst der Tempelberg, der heiligste Ort in ganz Israel, wird wie ein bewaldeter Hügel werden - überwuchert und vernachlässigt. Diese Prophezeiung der völligen Zerstörung Jerusalems erfüllte sich zweifach. Einmal durch die Armeen Nebukadnezars im Jahr 568 v.Chr. und im Jahr 70 n.Chr. durch die Römer.
Jeremia, der ca. 100 Jahre später lebte, zitierte diesen Vers von Michas Prophezeiung, um die Bewohner Jerusalems davon zu überzeugen, dass das Unheil über ihre Stadt unausweichlich war (Jer 26,18). Jeremia leitete dieses Zitat mit den Worten ein: "So spricht der HERR der Heerscharen." Er betrachtete Michas Prophezeiung als von Gott inspiriert (Vgl. 2Tim 3,16).
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