Esther Kapitel 1
1 - 8 | Das königliche Festmahl
1 Und es geschah in den Tagen des Ahasveros (das ist der Ahasveros, der von Indien bis Äthiopien über 127 Landschaften regierte), 2 in jenen Tagen, als der König Ahasveros auf dem Thron seines Königreichs saß, der in der Burg Susan war, 3 im dritten Jahr seiner Regierung, da gab er ein Gastmahl allen seinen Fürsten und Knechten und den Mächtigen von Persien und Medien, den Vornehmen und Fürsten der Landschaften vor ihm, 4 als er den herrlichen Reichtum seines Königreichs und die glänzende Pracht seiner Größe viele Tage lang, 180 Tage, sehen ließ. 5 Und als diese Tage vollendet waren, gab der König allem Volk, das sich in der Burg Susan befand, vom Größten bis zum Kleinsten, ein Gastmahl von sieben Tagen im Hof des Gartens des königlichen Palastes. 6 Weißes und purpurblaues Leinen war befestigt mit Schnüren aus Byssus und Purpur an silbernen Ringen und weißen Marmorsäulen; Polster aus Gold und Silber lagen auf einem Pflaster von Alabaster und Marmor und Perlmutt und schwarzem Marmor. 7 Und man reichte das Getränk in goldenen Gefäßen, und die Gefäße waren voneinander verschieden; und königlichen Wein gab es in Menge, nach der Freigebigkeit des Königs. 8 Und das Trinken geschah der Anordnung entsprechend ohne Zwang; denn so hatte der König allen Obersten seines Hauses angeordnet, dass sie tun sollten nach jedermanns Belieben.
Das Buch Esther beginnt damit, dass Ahasveros, König des medo-persischen Reiches[1], im dritten Jahr seiner Regierungszeit (484 v.Chr.) ein militärisches Planungstreffen für sechs Monate veranstaltete, welches mit einem 7-tägigen Festmahl enden sollte. Was war der Grund für das militärische Planungs-Treffen? Ahasveros konnte die schmerzliche Niederlage, die die Athener seinem Vater Darius im Jahre 490 v.Chr. in Marathon zugefügt hatten, nicht vergessen. Täglich liess er sich von einem Diener daran erinnern - "Herr, gedenke der Athener". – und traf darum Vorbereitungen für einen massiven Angriff auf Griechenland. Mit dem 7-tägigen Festmahl feierten die Perser den für sie schon feststehenden Sieg über Griechenland.
Nach jahrelanger Vorbereitung und einem gigantischen materiellen und finanziellen Aufwand rückte im Mai 480 v.Chr. ein riesiges persisches Heer nach Griechenland vor. Doch die Streitmacht wurde von 300 Spartanern, die den Pass bei den Thermopylen in Zentralgriechenland besetzt hielten, aufgehalten. Schliesslich zeigte ein Verräter den Persern einen Geheimpfad über die Berge und so wurden die Spartaner überwältigt und das persische Heer nahm in der Folge Athen ein.
Scheinbar hatte nun Ahasveros die 10 Jahre zuvor erlittene Niederlage seines Vaters Darius in Marathon gerächt. Doch die griechische Flotte blieb bestehen und die Griechen lockten die persische Flotte (hunderte Kriegsschiffe) in die schmale Meerenge der Insel Salamis und dem griechischen Festland nahe Athen. Nach einer heftigen Seeschlacht unterlagen die Perser und Ahasveros zog sich nach Persien zurück. Dieses Niederlage-Szenario lag an jenem schillernden Festmahl noch in der Zukunft. Dass nicht alles so verlaufen wird, wie sich Ahasveros und seine Fürsten vorgestellt hatten, deutete eine persönliche Schlappe des König Ahasveros an …
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[1] Das medo-persische Reich erstreckte sich von dem heutigen Libyen in Afrika bis nach Pakistan in Asien. Es war das grösste Reich der Geschichte, das zweite grosse Reich nach dem Babylonischen Reich wie von Daniel vorausgesagt (Dan 2 + 7). Soweit wir wissen, lebten zu jener Zeit ca. 50 Millionen Menschen in diesem Reich. Sie hatten das Babylonische Reich im Jahr 539 v. Chr. erobert und hatten dadurch die uneingeschränkte Vorherrschaft in der mittelöstlichen Welt eingerichtet. Dies dauerte ca. 200 Jahre, bevor sie von den Griechen abgelöst wurden, die ihrerseits später von den Römern abgelöst wurden.
9 - 12 | Die Weigerung der Königin Vasti
9 Auch die Königin Vasti gab ein Gastmahl für die Frauen im königlichen Haus des Königs Ahasveros. 10 Am siebten Tag, als das Herz des Königs vom Wein fröhlich war, befahl er Mehuman, Bista, Harbona, Bigta und Abagta, Setar und Karkas, den sieben Hofbeamten, die vor dem König Ahasveros dienten, 11 die Königin Vasti mit der königlichen Krone vor den König zu bringen, um den Völkern und Fürsten ihre Schönheit zu zeigen; denn sie war schön von Aussehen. 12 Aber die Königin Vasti weigerte sich, auf das Wort des Königs zu kommen, das ihr durch die Hofbeamten überbracht wurde. Da erzürnte der König sehr, und sein Zorn entbrannte in ihm.
In diesen Versen wird beschrieben, wie Königin Vasti ein eigenes Fest für die Frauen im königlichen Palast von Susan abhielt, parallel zu der grossen Feier, die König Ahasveros für seine männlichen Gäste veranstaltete. Die Handlung nahm eine dramatische Wendung, als Ahasveros alkoholisiert den Wunsch äusserte, seine Frau, Königin Vasti, der Männergesellschaft zu präsentieren. So wurde Vasti aufgefordert, vor den Gästen zu erscheinen – ein Befehl, den sie aus nicht genannten Gründen ablehnte. Diese Weigerung stellte nicht nur eine direkte Herausforderung der königlichen Autorität dar, sondern löste auch eine Kette von Ereignissen aus, die das Schicksal von Vasti, Ahasveros und am allermeisten das des jüdischen Volkes nachhaltig beeinflussen wird. Dieser Abschnitt markiert eine erste signifikante Wendung im Buch Esther, denn hier wird der Weg frei gemacht, damit vier Jahre später eine jüdische Frau namens Esther Königin werden wird.
13 - 22 | Die Beratung der Ratgeber und das königliche Edikt
13 Und der König sprach zu den Weisen, die sich auf die Zeiten verstanden (denn so wurden die Angelegenheiten des Königs vor allen Gesetz- und Rechtskundigen behandelt; 14 und die Nächsten bei ihm waren Karschna, Schetar, Admata, Tarsis, Meres, Marsna, Memukan, die sieben Fürsten von Persien und Medien, die das Angesicht des Königs sahen, die den ersten Sitz im Königreich hatten): 15 Was ist nach dem Gesetz mit der Königin Vasti zu tun, dafür, dass sie das Wort des Königs Ahasveros durch die Hofbeamten nicht befolgt hat? 16 Da sprach Memukan vor dem König und den Fürsten: Nicht an dem König allein hat sich die Königin Vasti vergangen, sondern auch an allen Fürsten und an allen Völkern, die in allen Landschaften des Königs Ahasveros wohnen. 17 Denn das Verhalten der Königin wird zu allen Frauen hinausdringen, so dass ihre Männer verächtlich sein werden in ihren Augen, indem sie sagen werden: Der König Ahasveros befahl, die Königin Vasti vor ihn zu bringen, aber sie kam nicht! 18 Und an diesem Tag schon werden die Fürstinnen von Persien und Medien, die das Verhalten der Königin erfahren haben, davon reden zu allen Fürsten des Königs; und es wird Verachtung und Zorn genug geben. 19 Wenn es der König für gut hält, so gehe ein königliches Wort von ihm aus und werde geschrieben in die Gesetze der Perser und Meder, damit es nicht vergehe: nämlich dass Vasti nicht mehr vor den König Ahasveros komme und dass der König ihre königliche Würde einer anderen gebe, die besser ist als sie. 20 Und wird man den Befehl des Königs, den er erlassen wird, in seinem ganzen Königreich hören – denn es ist groß –, so werden alle Frauen ihren Männern Ehre geben, vom Größten bis zum Kleinsten. 21 Und das Wort gefiel dem König und den Fürsten; und der König tat nach dem Wort Memukans. 22 Und er sandte Briefe in alle Landschaften des Königs, in jede Landschaft in ihrer Schrift und an jedes Volk in seiner Sprache: dass jeder Mann Herr in seinem Haus sei und in der Sprache seines Volkes reden solle.
In diesen Versen beriet sich König Ahasveros mit seinen Weisen, die das Gesetz und die Gerechtigkeit kannten, um zu erfahren, wie er mit Vastis Weigerung umgehen sollte. Memuchan, einer der Weisen, schlug vor, dass Vasti abgesetzt werden soll und dass der "König ihre königliche Würde einer anderen gebe, die besser ist als sie." (V 19c) Zudem sollte ein königliches Edikt erlassen werden, das besagt, dass alle Frauen ihren Ehemännern Ehre erweisen müssen. Dieser Vorschlag zielte darauf ab, die bestehende Gesellschaftsform zu stärken und sicherzustellen, dass Vastis Ungehorsam nicht zu einem Präzedenzfall für andere Frauen werden sollte, die sich dadurch gegen die Autorität ihrer Ehemänner auflehnen könnten. Die Massnahmen, welche getroffen werden mussten, unterstreichen die aussergewöhnliche Stellung einer Königin im Medo-Persischen Reich. Was sie tat, hätte Auswirkungen im gesamten Reich gehabt. Der König und seine Fürsten fanden diesen Rat gut. So wurde ein Edikt erlassen, welches in alle Provinzen des Reiches gesendet wurde, in jeder Sprache, um sicherzustellen, dass alle Frauen (unabhängig von ihrem sozialen Stand) ihren Ehemännern Ehre erwiesen.
Folgendes Diagramm zeigt uns die Schritte, die zu der Entscheidung führten, ein königliches Edikt zu erlassen, damit die Ordnung im Reich bestehen bleibt. Es beleuchtet auch die wichtige Rolle von Beratern im Medo-Persischen Reich.
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