Esther Kapitel 3

Autor: Briggeler Reinhard
1 2 3 4 5 6 7 8 9 10


1 - 2a | Hamans Aufstieg

1 Nach diesen Dingen machte der König Ahasveros Haman, den Sohn Hammedatas, den Agagiter, groß, und er erhob ihn und setzte seinen Stuhl über alle Fürsten, die bei ihm waren. 2 Und alle Knechte des Königs, die im Tor des Königs waren, beugten sich.

Zu Beginn des dritten Kapitels erfährt der Leser, dass König Ahasveros Haman[1], den Sohn Hammedatas, den Agagiter, über alle Fürsten erhöhte. Damit wird eine weitere Haupt-Person der Erzählung eingeführt. Alle Diener des Königs, die im Tor des Königs waren, mussten sich vor Haman verbeugen und sich vor ihm niederwerfen, denn so hatte der König es befohlen.

Hier wird wiederum eine Wendung in der Erzählung beschrieben. Anstatt, dass Mordechai erhöht und belohnt wurde wegen seiner Wohltat am König, wird ein Feind der Juden erhöht. Gottes Handeln scheint für den Christusgläubigen oft unverständlich, gegenläufig, in eine falsche Richtung gehend.

Es musste offensichtlich einer wie Haman, der Feind der Juden aufsteigen, seinerseits ein Bild auf Satan, das Tier aus dem Meer und den Antichristen, um alle diese Bedrängnis und Not über die Juden in der Zerstreuung zu bringen. Dies beschreibt eine Vorschattung auf die eigentliche, grosse Trübsal am Ende des Zeitalters der Nationen. Not und Bedrängnis schaffen einen Herzensboden, in welchem Busse und Umkehr heranwachsen können.

 _____________________________

[1] Haman (46x) (Bedeutet "Empörer", "Widersacher") stieg zum höchsten Beamten am Hof des Königs Ahasveros auf. Er war ein Agagiter und somit in Abstammung ein Amalekiter. Die Amalekiter hatten Israel vor Ihrem Einzug ins verheissene Land heimtückisch angegriffen und der Herr erklärte Amalek den Krieg von Geschlecht zu Geschlecht (Ex 17). König Saul hatte den Auftrag bekommen die Amalekiter mit der Schärfe des Schwertes zu schlagen, was Saul nur sehr halbherzig tat und zu seiner endgültigen Verwerfung führte (1Sam 15). Samuel selber ergriff das Schwert und tötete den Amalekiterkönig Agag. Mit diesem Hintergrund können wir den Hass Hamans des Agagiters auf die Juden und die Weigerung Mordechais einem Amalekiter Ehre zu erweisen verstehen. Haman wollte dies zum Anlass nehmen, Rache an Mordechai und den Juden zu nehmen. Mit der unermesslichen Summe von 10'000 Talenten Silber "erkaufte" sich Haman das Recht zur Vernichtung aller Juden. Er liess Lose (Purim) werfen, um einen günstigen Tag für die Vernichtung der Juden zu finden. Mordechai aber wollte er direkt umbringen und liess einen Galgen aufrichten. Aber Gott, der über alles wachte, wendete sein Geschick und Haman wurde an eben diesem Galgen, der für Mordechai aufgerichtet worden war, erhängt. Ebenso verloren seine zehn Söhne ihr Leben. Gott liess den bösen Plan des Feindes Gottes auf ihn selbst zurückkommen.

 

2b - 4 | Mordechais Weigerung, sich zu verneigen

2b Und warfen sich nieder vor Haman; denn so hatte der König seinetwegen geboten. Aber Mordechai beugte sich nicht und warf sich nicht nieder. 3 Da sprachen die Knechte des Königs, die im Tor des Königs waren, zu Mordechai: Warum übertrittst du das Gebot des Königs? 4 Und es geschah, als sie es Tag für Tag zu ihm sagten und er nicht auf sie hörte, berichteten sie es Haman, um zu sehen, ob die Worte Mordechais bestehen würden; denn er hatte ihnen kundgetan, dass er ein Jude wäre.

Mordechai weigerte sich, sich vor Haman zu verbeugen und sich vor ihm niederzuwerfen. In den Versen 2b-4 sehen wir die Reaktion der königlichen Knechte am Tor, die Mordechai fragten, warum er den königlichen Befehl missachtete. Nun ist der Moment im Leben Mordechais gekommen, fernab vom verheissenen Land, dort in der prachtvollen Stadt Susan, sich zu seinen jüdischen Wurzeln und Überzeugungen zu bekennen. Für Mordachai ist die Stunde der Wahrheit gekommen. Jetzt muss er sich entscheiden! Er wäre nie in diese Lage gekommen, hätte er von Anfang an seine jüdischen Wurzeln und Überzeugungen öffentlich gemacht.

Mordachai war Teil jener Juden, die es bevorzugten in der Zerstreuung zu leben. Jene grosse Gruppe von Juden, die sich ausserhalb des verheissenen Landes äusserst wohl fühlten! Sie hatten ihren Platz in der Welt gefunden, machten Karriere und einer von ihnen war Mordechai. Der Herr bot den in der Zerstreuung lebenden Juden drei Möglichkeiten zur Rückkehr an, doch verhältnismässig wenige nahmen dieses Angebot an. Für jene Juden war es nicht lohnenswert nach Jerusalem zurückzukehren, zumal Jerusalem in Trümmern lag. Die Hauptstadt Persiens, Susan, hingegen war prächtig, hervorragend organisiert, all diese Prachtbauten und dazu noch die tolerante Gesellschaft des Perserreichs. Darum war eine grosse Mehrheit der Juden einfach nicht bereit, diesen scheinbar sicheren Wohlstand für eine abenteuerliche und unsichere Rückkehr nach Jerusalem aufzugeben. Was hatte Jerusalem den abgefallenen (gottlosen) Juden zu bieten? Nicht viel! Für den gläubigen Überrest[1] der Juden hingegen sehr viel! Jerusalem ist die Stadt des Königs, des Gottesdienstes, der Verheissungen und des Glaubens an Gottes Wort. Die Juden, welche in der Zerstreuung bleiben wollten, dachten bei sich, dass dieses riesige Königreich Persien für "immer" bleiben wird. Sie fühlten sich wohl und sicher dort in diesem Königreich. Hätten sie das Buch Daniel studiert, wäre ihre Denken und Handeln anders gewesen. Daniel hat vorausgesagt, dass das grosse Perserreich von den Griechen zerschlagen werden wird.

Es ist durchaus möglich, dass Gott auch in unserer Zeit plötzlich Umstände schafft, um eine angepasste, weltliche und vom Wort Gottes abgefallene Christenheit erneut zu einem klaren Bekenntnis zu bewegen. Christen sind nicht Teil dieser Welt. Selbst wenn sie als Aussenseiter betrachtet werden, sollten sich die Gläubigen dessen bewusst sein, dass sie nicht zum herrschenden System gehören. Dies ist ein wesentlicher Bestandteil der Christen-Identität. In den Augen der Welt soll und muss der Christ ein Fremdkörper sein. Wie wichtig ist für alle Christusgläubigen das Wort des Apostels Johannes, das besagt: "Liebt nicht die Welt noch was in der Welt ist. Wenn jemand die Welt liebt, so ist die Liebe des Vaters nicht in ihm; 16 denn alles, was in der Welt ist, die Lust des Fleisches und die Lust der Augen und der Hochmut des Lebens, ist nicht von dem Vater, sondern ist von der Welt. 17 Und die Welt vergeht und ihre Lust; wer aber den Willen Gottes tut, bleibt in Ewigkeit." (1Joh 2,15-17)

  _____________________________

[1] Paulus definiert, was Jude-Sein aus Gottes Sicht immer schon bedeutet hat: "Denn nicht der ist ein Jude, der es äußerlich ist, noch ist die äußerliche Beschneidung im Fleisch Beschneidung; sondern der ist ein Jude, der es innerlich ist, und Beschneidung ist die des Herzens, im Geist, nicht im Buchstaben; dessen Lob nicht von Menschen, sondern von Gott ist." (Röm 2,28-29)

5 - 11 | Haman plant Vergeltung

5 Und als Haman sah, dass Mordechai sich nicht vor ihm beugte und niederwarf, da wurde Haman von Grimm erfüllt. 6 Aber es war in seinen Augen verächtlich, die Hand an Mordechai allein zu legen; denn man hatte ihm das Volk Mordechais kundgetan. Und Haman suchte alle Juden, die im ganzen Königreich des Ahasveros waren, das Volk Mordechais, zu vertilgen. 7 Im ersten Monat, das ist der Monat Nisan, im zwölften Jahr des Königs Ahasveros, warf man das Pur, das ist das Los, vor Haman, Tag für Tag und Monat für Monat, bis zum zwölften Monat, das ist der Monat Adar. 8 Und Haman sprach zum König Ahasveros: Da ist ein Volk, zerstreut und abgesondert unter den Völkern in allen Landschaften deines Königreichs; und ihre Gesetze sind von denen jedes anderen Volkes verschieden, und die Anordnungen des Königs tun sie nicht; und es ist für den König nicht geziemend, sie gewähren zu lassen. 9 Wenn es der König für gut hält, so werde geschrieben, dass man sie umbringe; und ich will 10000 Talente Silber in die Hände derer abwiegen, die die Geschäfte besorgen, damit sie es in die Schatzkammern des Königs bringen. 10 Da zog der König seinen Siegelring von seiner Hand und gab ihn Haman, dem Sohn Hammedatas, dem Agagiter, dem Widersacher der Juden. 11 Und der König sprach zu Haman: Das Silber sei dir gegeben, und das Volk, um mit ihm zu tun, wie es gut ist in deinen Augen.

Da Haman von den königlichen Knechten auf die Weigerung Mordechais aufmerksam gemacht wurde und es dann selbst sah, wurde er mit grossem Zorn erfüllt. Für ihn ist dies nicht nur eine persönliche Beleidigung, sondern auch eine Herausforderung seiner neu gewonnenen Autorität. Hamans Judenhass[1] bricht nun vollends und für alle Beteiligten offensichtlich, aus ihm heraus.

In seinem Zorn genügt es Haman nicht, nur gegen Mordechai vorzugehen. Stattdessen plant er, alle Juden im Persischen Reich zu vernichten, d.h. inkl. der nach Jerusalem zurückgekehrten Juden. Diese Entscheidung offenbart den antichristlichen Geist Hamans und damit einhergehend der abgrundtiefe Hass auf das jüdische Volk.

Der im Okkulten verstrickte Haman lies das Los[2] (Pur) werfen, um den besten Zeitpunkt für seine geplante Vernichtung der Juden zu bestimmen. Das Los wurde im ersten Monat, dem Monat Nisan, geworfen (Passahmonat) und es fiel auf den Monat Adar, das ist der zwölfte, bzw. letzte Monat. Es wird später klar werden, dass sich diese 12-monatige Frist gegen ihn wenden wird. Denn innerhalb dieser Frist wird Haman am Galgen enden und die Juden werden Zeit und Gelegenheit bekommen, sich gegen den Erlass ihrer Vernichtung zu wehren und erfolgreich zu verteidigen.

Haman, der Feind der Juden, präsentierte seine Pläne dem König, ohne dabei die Juden explizit zu nennen. Er beschrieb sie stattdessen als ein Volk, das sich in seinen Gesetzen von denen aller anderen unterschied und daher nicht geduldet werden sollte. Haman verfälschte die Situation, indem er behauptete, ihre Anwesenheit sei schädlich für das Reich. Er bot dem König die astronomische Summe von zehntausend Talenten Silber[3] als Entschädigung für den entgangenen Tribut an, sollte das Volk ausgelöscht werden. Der König stimmt zu, gab Haman seinen Siegelring (was Haman die Autorität verlieh, in seinem Namen zu handeln) und wies ihn an, mit dem Volk nach seinem Ermessen zu verfahren.

 _____________________________

[1] McGee schrieb über dieses Kapitel:

Dies ist ein Kapitel im Leben des Juden, das viele, viele Male dupliziert wurde. Wenn du dieses Kapitel liest, kannst du fast den Namen des Pharaos anstelle von Haman einsetzen, oder du kannst den Namen Hitler oder Nasser einsetzen - tatsächlich gibt es viele Namen, die hier passen würden. Es gab seit dem Zeitpunkt, als Israel in Ägypten zu einer Nation wurde, bis zum heutigen Moment nie eine Zeit, in der es nicht irgendwo eine Bewegung gab, die Juden auszulöschen.

[2] Benedikt Peters predigte einmal Folgendes: Dies verdeutlicht, dass das Werfen des Loses und ebenso der Ausgang des Loses in der Hand des Herrn liegen (Spr 16,33). Das Los wurde im Gewandbausch geschüttelt und gezogen. Obwohl Menschen das Los werfen, kommt die Entscheidung darüber vom Herrn. Es gibt kaum etwas Unberechenbareres als das Los. Kaum etwas führt uns so sehr die Vorstellung von reinem, nacktem und unkontrollierbarem Zufall vor Augen wie das Los. Doch selbst das Los wird von Gott gelenkt. Das Unberechenbarste unterliegt Gottes Führung. Dies bedeutet, dass es keine Zufälle gibt! Wenn wir der Angelegenheit auf den Grund gehen, müssen wir zu dem Schluss kommen, dass wir glauben, dass Gott Gott ist – der Ewige, der Allwissende, der Unbegrenzte. Dann kann es keinen Zufall geben; Er lenkt das Los.

[3] Zehntausend Talente Silber (aktueller Geldwert):

Ein Talent entspricht etwa 35 Kilogramm, was folgende Rechnung ergibt:

10'000 Talente Silber x ca. 35 Kilogramm/Talent = 350'000 Kilogramm Silber.

Der aktuelle Silberpreis in der Schweiz beträgt ca. CHF 640.00/Kilogramm, was folgende Rechnung ergibt:

350'000 Kilogramm x CHF 640.00 /Kilogramm = CHF 224'000'000

 

12 - 15 | Der erste königliche Erlass

12 Da wurden die Schreiber des Königs berufen im ersten Monat, am dreizehnten Tag desselben; und es wurde nach allem, was Haman gebot, an die Satrapen des Königs geschrieben und an die Statthalter über jede Landschaft und an die Fürsten jedes einzelnen Volkes, in der Schrift jeder einzelnen Landschaft und in der Sprache jedes einzelnen Volkes; es wurde geschrieben im Namen des Königs Ahasveros und mit dem Siegelring des Königs untersiegelt. 13 Und die Briefe wurden durch die Eilboten in alle Landschaften des Königs gesandt, um alle Juden zu vertilgen, zu ermorden und umzubringen, vom Knaben bis zum Greis, kleine Kinder und Frauen, an einem Tag, am dreizehnten des zwölften Monats, das ist der Monat Adar, und um ihre Habe zu plündern. 14 Und damit die Anordnung in jeder einzelnen Landschaft erlassen würde, wurde eine Abschrift des Schreibens allen Völkern bekannt gemacht, damit sie auf diesen Tag bereit wären. 15 Die Eilboten zogen auf das Wort des Königs unverzüglich aus. Und die Anordnung wurde in der Burg Susan erlassen. Und der König und Haman saßen und tranken; aber die Stadt Susan war in Bestürzung.

Die Schreiber des Königs wurden am dreizehnten Tag des ersten Monats Nisan gerufen. Hamans Plan, das jüdische Volk zu vernichten, sollte nun offiziell in die Tat umgesetzt werden. Auf Hamans Anweisung hin wurde ein Erlass verfasst, der an alle Teile des Königreichs gesendet wurde. Der Erlass ordnete die Vernichtung, Tötung und Ausrottung aller Juden, Jung und Alt, Kinder und Frauen, an einem einzigen Tag, dem dreizehnten Tag des zwölften Monats, dem Monat Adar, an und erlaubte das Plündern ihres Eigentums. Die Grausamkeit der irdischen Reiche wird eindrücklich offenbart und bestätigt die grausame und monsterhafte Darstellung der Weltreiche in Daniel Kapitel sieben.

Während der Erlass in Eile verbreitet wurde, geriet die Stadt Susan in grosse Bestürzung und Entsetzen. Der König Ahasveros und Haman der Feind der Juden hingegen, setzen sich zusammen, um zu trinken. Diese Szene bildet einen scharfen Kontrast zu dem Chaos und der Angst, die der Erlass unter den Juden und vielleicht auch unter anderen Einwohnern des Reiches auslöste. Es zeigt die erschreckende und gefühlslose Gleichgültigkeit gegenüber dem Leid, welches sie ausgelöst hatten.



 

© Copyright

© Bibeltext: Elberfelder Übersetzung (Edition CSV Hückeswagen), © Christliche Schriftenverbreitung, Hückeswagen, alle Rechte vorbehalten, www.csv-bibel.de

© Publikationen: Christliches Zentrum Bern, alle Rechte vorbehalten

 

joomla templatesfree joomla templatestemplate joomla
Back to Top