Prediger-10
4. Bedrücker und Bedrückte | 4,1-5,19
Bedrückung, Hoffnungslosigkeit, Ehrgeiz und Bequemlichkeit | 4,1-6
Nachdem es in den ersten drei Kapiteln um die Situation des Einzelnen ging, um die Frage, wie er mit sich selbst, mit Welt und Leben, mit Zeit und Ewigkeit zurechtkommt, geht es in den folgenden Kapiteln um das Zusammenleben der Menschen.
Hier ist 4,17-5,8 die Schlüsselstelle: Nur wo man Gott fürchtet und sich ihm nähert, um sich von ihm unterweisen zu lassen, ist ein sinnvolles Zusammenleben möglich. Zunächst wird die verzweifelte Lage des sündigen Menschen aufgezeigt, der unter der Herrschaft ebenso sündiger Menschen steht (4,1-6); und dann wird jede Hoffnung auf eine Änderung dieses schlimmen Zustandes genommen, solange es sündige Menschen in dieser Schöpfung gibt (4,13-16). In diese menschlich hoffnungslose Situation hinein wird als Gabe des Schöpfers die Gemeinschaft geschenkt, die hilft, die Last und das Elend des Lebens besser zu ertragen (4,7-12). Der einzig wahre Trost aber ist das Wissen um einen Gott im Himmel, der über allem steht (4,17-5,8). Wenn wir uns über all den ungerecht verteilten Reichtum ärgern wollen, hilft uns schliesslich auch das Wissen, dass es dem Reichen mit all seinem erpressten Reichtum nicht besser geht als dem Armen (5,9-16), im Gegenteil.
1 Und ich wandte mich und sah alle Bedrückungen, die unter der Sonne geschehen: Und siehe, da waren Tränen der Bedrückten, und sie hatten keinen Tröster; und von der Hand ihrer Bedrücker ging Gewalttat aus, und sie hatten keinen Tröster.
Salomo sah, wie viele Menschen auf dieser Welt ausgebeutet werden. Die Unterdrückten vergiessen bittere Tränen, doch niemand tröstet sie. Keiner hilft ihnen, weil ihre Unterdrücker so mächtig sind. Der Sehende kann durch das, was er in dieser Welt sieht, nicht glücklich werden, denn er findet so wenig Trost wie die Unterdrückten, und das bedrückt ihn nicht weniger als sie. Die Bibel spricht von einer gefallenen und bösen Welt, die vor dem Sündenfall viel besser war, und von einer kommenden Welt, die unendlich viel besser sein wird als die jetzt. So verwundert die mürrische Aussage in Vers 2 nicht.
2 Und ich pries die Toten, die längst gestorben sind, mehr als die Lebenden, die jetzt noch leben; 3 und glücklicher als beide pries ich den, der noch nicht gewesen ist, der das böse Tun nicht gesehen hat, das unter der Sonne geschieht.
Es gab eine Zeit im Leben von Salomo, wo er dachte, dass es die Toten, die vor langer Zeit gestorben sind, viel besser hatten als die Menschen, die noch am Leben sind. Und, dass die am besten dran sind, die gar nicht erst geboren wurden. Sie mussten das Böse, das auf der Welt geschieht, auch nicht mit ansehen. So dachte er früher, darum verwendet er die Vergangenheitsform: "ich pries". Er erzählt nicht, was er jetzt denkt, sondern wie es ihm damals ging, als er versuchte, dem Leben durch Nachdenken, Beobachten und Geniessen einen Sinn zu geben.
4 Und ich sah alle Mühe und alle Geschicklichkeit bei der Arbeit, dass es Eifersucht des einen gegen den anderen ist. Auch das ist Eitelkeit und ein Haschen nach Wind.
In einer bösen Welt böser Menschen wird nicht nur von oben nach unten gedrängt, sondern es treten sich auch die, die nebeneinander auf derselben Sprosse stehen. Konkurrenz und Rivalität treiben manche zu grossen Taten an, aber auch dieses ist eitel!
5 Der Tor faltet seine Hände und verzehrt sein eigenes Fleisch.
"Der Tor faltet seine Hände und verzehrt sein eigenes Fleisch.": Auch das Nichtstun führt nicht zum Ziel, denn auch das Nichtstun ist eitel, denn ihm ergeht es wie den anderen.
6 Besser eine Hand voll Ruhe, als beide Fäuste voll Mühe und Haschen nach Wind.
Wir sollen arbeiten, denn Gott hat es uns befohlen, aber mit rechtem Mass und nicht, um andere zu übertrumpfen. Denn Bescheidenheit ist ein Kennzeichen der Weisheit (Spr 15,16; 30,7-9). Mit "Fäusten" ist eigentlich die hohle Hand gemeint, in die man so viel nimmt, wie man fassen kann (Vgl. Ex 9,8; Lev 16,12; Hes 10,2-7 und Spr 30,4).
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