Prediger-19
6. Vermessenheit und Bescheidenheit | 7,15 - 8,15
Gottesfurcht ist der Weisheit Anfang | 7,15-22
In diesem Teil des Buches finden wir eine ganze Reihe von Aussagen über den natürlichen Menschen. Es wird gezeigt, wie unwissend, hilflos, sündig (7,20.26.29) und böse (8,9.11) der gefallene Mensch ist. Seine Hilflosigkeit zeigt sich besonders darin, dass er die Gerechtigkeit Gottes im Schicksal der einzelnen Menschen nicht begreifen kann (7,15; 8,10.14), dass er keine Weisheit erlangen kann (7,23-24) und dass er von der Sünde nicht loskommen kann (7,26).
15 Allerlei habe ich gesehen in den Tagen meiner Eitelkeit: Da ist ein Gerechter, der bei seiner Gerechtigkeit umkommt, und da ist ein Gottloser, der bei seiner Bosheit seine Tage verlängert.
In seinem Leben hat Salomo beides gesehen: Mancher, der gerecht lebt, muss schon in jungen Jahren sterben, obwohl er nichts Unrechtes getan hat, und ein anderer, der nichts von Gott wissen will, darf dennoch ein langes Leben führen. Erst wenn ich das Gewicht und die Dimension der Ewigkeit erkenne, verstehe ich, dass die scheinbare Ungerechtigkeit in der Welt, Gottes Gerechtigkeit keineswegs widerspricht.
Dazu ein Beispiel: Da kommt "ein Gerechter … bei seiner Gerechtigkeit um", so wie der noch junge (2Chr 34,1) und gottesfürchtige König Josia (2Kö 23,25.29). Und da ist "ein Ungerechter, der bei seiner Bosheit seine Tage verlängert", wie Josias gottloser Grossvater, König Manasse. Er regierte länger als jeder andere König in Juda und Israel (2Kö 21,1).
16 Sei nicht allzu gerecht und erzeige dich nicht übermäßig weise: Warum willst du dich zugrunde richten?
"Sei nicht allzu gerecht." Die dem Gläubigen von Gott geschenkte Gerechtigkeit kann hier nicht gemeint sein, denn sie kennt keine Stufen. Entweder ist jemand gerecht oder nicht. Ein "allzu Gerechter" kann also nur jemand sein, der sich für gerechter hält, als er ist. Für den Gläubigen gilt: "Lebe nicht in Selbstgerechtigkeit", oder "sei nicht allzu gerecht in deinen Augen".
17 Sei nicht allzu gottlos und sei nicht töricht: Warum willst du sterben, ehe deine Zeit da ist?
"Sei nicht allzu gottlos" Und wenn die Gottlosen sehen, dass es Menschen gibt, die Gott versucht haben und entkommen sind (Mal 3,15), dann sollen sie deswegen nicht meinen, es sei klug, Böses zu tun, und zu denken, damit davon zu kommen. Welch ein tödlicher Trugschluss. Gott wird zu Seiner Zeit alles Ungerechte, Böse und Sündige richten!
18 Es ist gut, dass du an diesem festhältst und auch von jenem deine Hand nicht abziehst; denn der Gottesfürchtige entgeht dem allen.
Es ist gut, dass der Gläubige "an diesem festhält", nämlich an dem Rat von V 17: Stürze dich nicht unbedacht und fahrlässig in Sünde.
Und es ist gut für dich, dass du "auch von jenem deine Hand nicht abziehst", nämlich vom Rat von V 16: Sei nicht selbstgerecht und halte dich selbst nicht für weise, sondern fürchte Gott, vertraue auf den Herrn allezeit und halte Seine Gebote!
19 Die Weisheit macht den Weisen stärker als zehn Machthaber, die in der Stadt sind.
Salomo sagte, dass die Weisheit so viel wert ist wie aller Reichtum (V 11). Hier nun fährt er fort und sagt: "Die Weisheit hilft dem Weisen mehr als zehn Könige", d.h. als alle menschliche Macht. Und wie findet man Weisheit? "Die Furcht des HERRN ist der Weisheit Anfang; und Erkenntnis des ⟨allein⟩ Heiligen ist Einsicht." (Spr 9,10)
20 Denn unter den Menschen ist kein Gerechter auf der Erde, der Gutes tut und nicht sündigt. 21 Auch richte dein Herz nicht auf alle Worte, die man redet, damit du nicht deinen Knecht dir fluchen hörst; 22 denn auch viele Male, dein Herz weiß es, hast auch du anderen geflucht.
Man beachte das "denn": Vers 20 sagt, warum wir eine Kraft brauchen, die grösser ist als die von zehn Machthabern: Wir müssen von der Sünde befreit werden. "Denn kein Mensch auf Erden ist gerecht": Es ist sehr bemerkenswert, dass Salomo diese Wahrheit bei der Einweihung des Tempels in Jerusalem bezeugte (1Kö 8,46). Damals hatte Salomo Gott gefürchtet; jetzt hat er wieder gelernt, Gott zu fürchten, denn nur wer Gott fürchtet, erkennt, dass es keinen Gerechten auf Erden gibt. (Vgl. Ps 14,2-3; Röm 3,10-12)
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